Dr. Achim Heinze


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500. Wettkampf

Wettkampfberichte > 2016


2.4.2016: 500. Wettkampf (Stampfl-Berglauf Au am Inn, Obb.)

Anfang April 2016 war es endlich soweit: Ausdauerwettkampf Nummer 500 ist persönliche Geschichte geworden!


Wettkampfübersicht


Im Einzelnen waren es 185 Radrennen, 111 Bergläufe, 149 Volksläufe (überwiegend 10km) 34 Halbmarathons, 5 Marathons und 16 Triathlons.

Zur Zählweise: In die Wertung kommen nur Veranstaltungen, nicht Einzeldistanzen. Den Vorlauf (z.B. 5 km) mitzumachen und den Hauptlauf (10 km) ebenfalls - das zähle ich im Gegensatz zu anderen nur einmal! Nur bei Etappenrennen zählt jedes Rennen für sich (sind bei mir aber nur 3 Renntage); ein dreitätiges Nonstoprtennen zähle ich ebenfalls nur einmal.

Die meisten Teilnahmen fanden in den letzten fünf Jahren statt. Dazwischen gab es aber auch Phasen, wo pro Jahr nur wenige Wettkampfteilnahmen anstanden. Der Grund war die Länge der Wettbewerbe. Nach dem ersten Glocknerman 2007 beisüielsweise habe ich drei Wochen lang nirgendwo teilgenommen. Doch selbst als ich dann wieder beim Mondsee-Radmarathon antrat, hat das manche erstaunt.
2012 bin ich eine Woche nach dem Glocknerman im Gegensatz dazu in St. Pölten gestartet. Bei RM konnte ich vorne nicht nur mithalten, sondern sogar Akzente setzen. Am vorletzten kleineren Hügel musste ich dann doch abreißen lassen und konnte bei der Sprint-Entscheidung nicht mehr mitmischen. Aber immerhin - so ein Radmarathon ist doch etwas völlig anderes als ein Extremradrennen! Der Start 2012 zeigt besser als alles andere (wie etwa eine bessere Zeit beim 10 km-Lauf) die Leistungsentwicklung auf.

Dem schließt sich die Frage an, wie ich selbst zum Extremradsport gekommen bin? Warum habe ich ausgerechnet diesen schwierigen und harten Sport ausgewählt?
Die Antwort: Zuallererst habe nicht ich mir diesen Sport ausgesucht, sondern genau umgekehrt: Der Sport hat sich mich ausgesucht. Ohne zu wissen, dass dies als Extremradsport zu kategorisieren ist, bin ich bereits drei Monate nach Kauf des ersten Rennrades beinahe nonstop nach Italien getourt. So bin ich nach und nach zu immer längeren Touren gekommen. Schließlich fuhr ich auch als Wettbewerb alles zwischen 10 und 1000 Kilometern mit 500 bis 15000 Höhenmetern pro Rennen.


Die schlimmsten Rennmomente

Wie die Antwort auf die Frage nach dem größten Erfolg, so sind die unangenehmsten Erinnerungen an Radrennen nicht etwa hochintensive Phasen, wenn sich das Feld am ersten Berg durch schnelle Attacken sortiert, sondern völlig andere: Nur mit wenig Freude denke ich an die Momente zurück, als ich gegen Ende einer durchfahrenen Nacht (besonders deshalb, weil es schon die zweite war!) einzuschlafen drohte.
Man tritt monoton vor sich hin, es gibt nichts mehr, was die Aufmerksamkeit in irgendeiner Form beanspruchen würde, keinerlei Ablenkung. Wohlige Wärme schleicht sich in den Körper, die Gedanken werden trivialer, bis sie schließlich abreißen - nur für Bruchteile von Sekunden, dann ist man wieder bei sich und denkt: Beinahe wäre ich eingeschlafen, aber zum Glück doch nur fast. Im Moment bin ich doch wach!

Dieses abwechslungsreiche Spiel setzt sich fort. Die Augenblicke, in welchen der Geist die Realität verlässt, treten dabei unweigerlich häufiger auf. Sie werden zugleich länger. Bis man von hinten angehupt wird, weil es den Betreuern im Begleitauto auffällt, dass der Radfahrer vor ihnen nicht nur immer langsamer wird, sondern bereits damit beginnt, leichte Schlangenlinien zu fahren. Dieser Schreck rüttelt einen jedoch nicht mehr komplett wach. Spätestens beim dritten Mal baut ein Sportler das Hupgeräusch einfach in seine Welt der Parallelgedanken ein und träumt sich die Realität schön. Die knallharte Wirklichkeit des Aufprallens dort, wo es wirklich weh tut, nämlich auf den Boden blieb mir bisher erspart.


Da capo al fine

Meine Motive, mit dem langen und extremen Ausdauersport im Wettkampfbereich zu einem Abschluss zu kommen, wurden über einen längeren Zeitraum gesammelt. Bewusst habe ich den extremen Sport ein Jahr länger betrieben als ich tatsächlich Lust auf überlange Radrennen hatte. Wenn man auf die Entwicklung des Radsports - vor allem im Bereich der Marathonszene - zurückschaut, war ich zum Glück gerade noch rechtzeitig dran:
Insgesamt sind es bei mir zehn Jahre Extremsport geworden, davor bereits zehn Jahre Ausdauersport. Dieser wird für mich weiterhin ein wichtiger Teil meines Lebens bleiben. Selbstverständlich werde ich auch zukunftig möglichst alle meine Wege mit dem Fahrrad zurücklegen: zur Arbeitsstelle, zu Geschäften, zu Bekannten, aber vor allem auch in und über die Alpen!
Deshalb werde ich auch weitermachen mit der Bewegung und mit dem Sport, aber eben nicht mehr mit den (über-)langen Wettkämpfen. Sicherlich werde ich regelmäßig an Bergrennen teilnehmen: als Radfahrer mit Rennrad oder Mountainbike, aber auch als Bergläufer. Beispielsweise zum Berglauf hinradeln, mitlaufen, dort ein paar Bekannte treffen, danach in einen Bergsee springen und dann wieder heimtreten - so in etwa dürfte eine Wettbewerbsteilnahme zukünftig aussehen.


Der Ertrag

Das Bewusstsein, dass ein extremer Wettbewerb ansteht, dass es in der nächsten Nacht keine Minute Schlaf geben wird, hat mich besonders gefordert und den Umgang mit schwierigen Lebenssituationen gefördert. Man lernt mit Belastungen umzugehen und wird so stärker und leistungsfähiger. Die Kindheit und Jugend gibt es im wohlhabenden Teil der Welt für die meisten Menschen beinahe umsonst - der natürliche Bewegungsdrang kommt, von zivilisatorischen Einschränkungen abgesehen, noch zu seinem Recht; wie gesund und wie aktiv der Mensch im Erwachsenenalter lebt, hat jeder von uns letztlich selbst in der Hand bzw. in den Beinen. Man muss allerdings etwas dafür tun! Es ist ganz einfach: Wer sich selbst fordert, zählt zu den Gewinnern; jeder ist seines Glückes Schmied - diese Sentenz gilt zumindest für die Bewegung. Auch kann man sich Gesundheit und Bewegung nicht erkaufen, körperlich anstrengen muss sich jeder gleichermaßen, ob arm oder reich. Das Prinzip, Schwierigkeiten anzunehmen und zu umgehen, gilt ebenso für weitere private und berufliche Anforderungen. Es schadet wirklich nicht, wenn man anstelle von Tabellenkalkulation oder Taschenrechner auch ab und an wieder schriftlich oder noch besser im Kopf rechnet. Das Essen beispielsweise schmeckt besser, wenn man richtig hungrig ist, weil man zuvor etwas geleistet hat. Wer die Entbehrung kennt, schätzt folglich die Normalität als Luxus!


Comeback

Ein Comeback wird es definitiv nicht geben. Würde ich noch einmal beginnen, es wäre ganz bestimmt nicht mehr dasselbe. Die vielen prominenten Erinnerungen würden durch neue Sekundärerlebnisse ersetzt und wären damit unwiderbringlich ausgelöscht - dafür sind die intensiven Erfahrungen viel zu bedeutsam!

Auch konnte ich feststellen: Es gehört zur Entscheidung, einen freiwilligen und selbst gewählten Abschluss herbeizuführen, deutlich mehr Stärke dazu als noch ein, zwei oder drei Jahre irgendwie noch mit halber Motivation dranzuhängen. Es stellt die größere Herausforderung dar, nicht mehr das zu machen, was man durchaus noch gerne machen würde. Das mag auf den ersten Blick fast paradox klingen, deshalb erinnere ich an einen viel zitierten Satz: Man muss sich bzw. den "inneren Schweinehund" überwinden können. Überwinden musste ich mich zur Rennteilnahme schon lange nicht mehr. Die Selbstüberwindung besteht mittlerweile vielmehr darin, auf etwas Gewohntes, nämlich den Wettkampf, zu verzichten, obwohl man es noch drauf hätte. Kompetenz und Performanz sind eben nicht dasselbe. Ein sauberes Ende, einen klaren Schlussstrich zu ziehen, erfordert zuletzt dann doch noch das, was ich selbst im Gegensatz zu Kollegen nie als derart bedeutsam betrachtet hatte: mentale Stärke!

Mit dem bisher betriebenen Wettkampfsport abzuschließen, offenbart nebenbei aber auch einige positive Seiten, an die man erst auf den zweiten Blick denken würde:
Ich werde zukünftig in den Wochen nach einem langen und betreuten Radrennen aus Österreich und der Schweiz keine Strafzettel mehr für das Begleitfahrzeug erhalten. Besonders im letztgenannten Land dürfte ich, wenn es so weiterginge, wohl bald mit meinem Pkw Einreiseverbot erhalten - auch wenn ich bei keinem der Strafmandate selbst gefahren bin bzw. überhaupt nicht im Wagen gesessen, sondern auf dem Rennrad davor unterwegs war. Nicht wirklich etwas dagegen habe ich auch, zwei Stücke der SchleSoZ-Top 10 SchleSoZ ( = schlechteste Songs aller Zeite)n nicht mehr hören zu müssen: "Final Countdown" am Start und "We are the Champions" danach.


Training/Zeitmanagement

Ich habe mich für viele Jahre, was den Sport als Hobby anbelangt, dem Radrennfahren verschrieben. Dabei durfte man über einiges schmunzeln, ebenso in viele(s) hineinhören und hineinblicken: Wie andere ticken, was ihnen am Sport bedeutsam ist, welche Perspektiven sie für sich gesetzt haben, wie weit vorausgedacht wird, wer welche Risiken eingeht, welchen Stellenwert Wettbewerbsteilnahmen bei einzelnen Sportlern haben, was sie dafür zu opfern bereit sind, was ihnen sonst noch wichtig ist, wie weit sie ans Limit gehen, wie weit manche dafür offen sind, auch einen anderen Weg zu beschreiten, welche Haltungen zum Thema Doping geäußert werden und wie ehrlich jemand ist; nicht alles, was sich im Leistungssport abspielt, ist für Außenstehende nachvollziehbar.

Bedeutsam ist auch hier der zeitliche Aspekt: Nicht nur Wettkämpfe zählen, jede Stunde Bewegung ist wertvoll! "Zeit gewinnen, den Tag auf jeden Fall nutzen - er kommt nie wieder, mehr aus seinem Leben machen!" - dies sind Schlagworte, die jeder von uns oft gehört hat. Doch nicht jeder kennt den Inhalt dieser Worte noch aus eigener Erfahrung. Ursache ist oftmals der Eintritt in die Berufstätigkeit: Plötzlich wird Zeit kostbar, nur die Wochenenden sind noch frei verfügbar - und selbst hier drängen private Verpflichtungen die Bewegung ins Abseits. Was früher Freizeit war, wird plötzlich zum Pflichtprogramm. Gute Freunde können zu "Tagedieben" werden. Beinahe alles ist verplant, persönliche Freiheit wird zunehmend eingeschränkt. Dies kann nicht selten zur Erosion sozialer Kontakte bis hin zur Isolation führen. Man hat kaum noch Zeit für Sport bzw. nimmt man sich diese schließlich, bleibt dafür vieles andere auf der Strecke.
Im Training halte ich es ebenso straight: freie Zeit wird zielgerichtet genutzt. Ohne Umschweife, ohne Umständlichkeiten, Sport wird damit zur unkomplizierten Selbstverständlichkeit. Wichtigster Indikator ist und bleibt dabei immer das individuell erlernbare Körpergefühl. Sport ist ein unverzichtbarer Teil des Lebens, aber längst nicht alles - und schon gar nicht identisch mit dem gesamten Leben selbst!


Die Rolle des Sports

Der Sport war als persönliches Hobby bei mir ohnehin immer nur Nummer zwei und lag zu jedem Zeitpunkt hinter der Musik! Er wird aber ebenso mein steter Begleiter sein - was ist schon eine Stunde Sport, wenn der Tag 24 Stunden hat? Wenn es uns so leicht gemacht wird, gesund zu bleiben, dann können Schöpfung und Evolution nicht so falsch gewesen sein!

Trotzdem reicht das, was uns als Veranlagung mitgegeben wurde, manchen noch nicht: Angesichts aktueller Entwicklungen (150 gedopte Athleten aus Premier League, radsport, Spielsportarten, Athletik,.. bei einem (!) englischen "Arzt") wird so manch sauberer Athlet von dem Gedanken eingeholt, als gäbe es kaum etwas Unsportlicheres als den Sport selbst, wo doch so häufig betrogen wird. Als sich jemand versprochen hatte und "Sport im Doping" bekämpfen wollte (statt "Doping im Sport"), gab es auch die Reaktion, dass sein Versprecher angesichts der Realitäten durchaus eine Freud´sche Komponente aufweist. Deshalb müssen Veranstalter jeder Form von Betrug den Riegel vorschieben!


Buch "Leistungsfaktor Sport: mit Bewegung zum Erfolg"

Das Manuskript dazu ist abgeschlossen, die Bilder sind gemacht. News dazu gibt es auf dieser Seite! Immerhin ist der Buchtitel damit schon verraten...


Großer Dank

Allen Personen, die mich auf langen Touren begleitet haben, danke ich für ihre in allen Fällen immer extrem engagierte Unterstützung: Christian Bauer, Stephanus Baumgartner, Daniel Egli, Dr. Rainer Egli, Christian Fritsch, Werner Guske, Tanja Fuchs, Waltraud Gann, Manfred Gayer, Dr. Ralf Heinze, Dr. Jürgen Kühnert, Oliver Loy, Birgit Morelli, Florian Müller-Wühr, Alfred Netreval, Renato Ramella, Ruth Reichlin, Jürgen Rosenberger, Andreas Wagner, Josef Westner.









Bild: beim Vertical up, Hinterstoder 2016

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